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Allgemeines

Während der 2.Hälfte des 18.Jh. zog es eine Vielzahl zum Teil führender Vertreter der deutschen Klassik in den „Musterstaat“ der Aufklärung. Das Schloss von Oranienbaum, das zunächst als Gästehaus diente, war nicht mehr ausreichend. So ließ Fürst Franz 1785-87 am Zugang zur Stadt Wörlitz den “Großen Gasthof” bauen, der wegen seiner guten Aussicht und der geschmackvollen, modern möblierten Zimmer berühmt war. Die Weltoffenheit dieses später als “Eichenkranz” bezeichneten Gästehauses wurde unterstrichen durch die Bezeichnung der Räume mit den Namen bekannter und wichtiger Kulturmetropolen. Als Zimmernamen sind bezeugt: Amsterdam, Herculan, Konstantinopel, London, Messina, Paris, Petersburg und Zürich.
Der Gasthof wurde nach Plänen von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff und unter der baulichen Leitung von Georg Friedrich Hesekiel in nur zweijähriger Bauzeit errichtet. Er diente neben seiner wichtigen städtebaulichen Funktion als Stadttor und Verbindungsglied zwischen Park und der Stadt, seit 1788 den Bildungsreisenden des Adels, Gelehrten und Künstlern als Unterkunft der gehobenen Gastlichkeit.
Lediglich während des 2. Weltkriegs wurde der Gasthof entgegen seiner ursprünglichen Funktion bis 1944 als Kindergenesungsheim und zwischen 1944 und 1945 als Infektionskrankenhaus genutzt.
Im Gegensatz zu vielen historischen Gebäuden, bei denen die ursprüngliche Nutzung und Funktion durch fortlaufende gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen verloren gegangen und dadurch bis heute weitgehend unbekannt ist, behielt das Gebäude trotz der Vielzahl an privaten Eigentümern fast 200 Jahre seine Nutzung unverändert bis 1986 bei.
Entsprechend der steigenden Bedürfnisse der Gäste, entwickelte sich ein ganzer Gebäudekomplex. Das Badehaus wurde um 1850 als erste Erweiterung nordöstlich des Hauptgebäudes errichtet und stellt gewissermaßen den ersten Wellnessbereich des Gartenreiches dar. Um die Jahrhundertwende wurde ein Bürgersaal errichtet, der die Lücke zwischen Gasthof und Remisen schloss. Und schließlich wurde 1927 anstelle einer alten Veranda der Gartenpavillon errichtet, der im Frühjahr 2006 als erster Gebäudeteil nach Sanierung wieder eröffnet werden konnte und unsere Gäste gastronomisch versorgt.

 

Berühmte Besucher

Im Gasthof logierten während der Blütezeit zahlreiche bekannte Vertreter der Aufklärung, Dichter, Philosophen, Archäologen oder Architekten. Überliefert sind neben Johann Wolfgang von Goethe, Persönlichkeiten wie Friedrich Gottlieb Schadow, der „aus einem der nördlichen Turmzimmer, eine kleine Bleistiftskizze mit Blick über den Wörlitzer See“ 1) fertigte, „ ..Franz Bösching, Carl August Boettiger, Daniel Chodowiecki, Johann Friedrich Carl Dauthe, David und Friedrich Gilly, Friedrich von Hardenberg (Novalis) kehrte am 15. April 1794 auf einer Reise von Wittenberg nach Wernigerode ..ein, Aloys Ludwig Hirt wohnte in „Amsterdam“ , Friedrich Hölderlin, Theodor Körner, Fürst de Ligne, Jean Paul, Andreas Georg Friedrich Rebmann, Adolf Wilhelm Schack de Staffelt, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Karl Friedrich Schinkel (weltbekannter Vertreter der klassizistischen Architektur in Berlin), Ludwig Tieck und Wilhelm Heinrich Wackenroder .“
1813 lud General Maurice-Etienne Gérard (1773-1853) anlässlich der Geburtstage von Napoleon und Fürst Franz zu einem großen Dinner in den Eichenkranz.

 

Leinwandtapeten

„Mit der Entwicklung von Wachstuch- und Leinwandtapeten im 18. Jahrhundert bot sich eine preisgünstigere Alternative zu den kostspieligen, dem Adel vorbehaltenen Ledertapeten. Grundierte Leinwandbahnen ließen sich mit Ölfarben bemalen, aber auch bedrucken.“
Für diese Zeit also durchaus üblich, stattete der Fürst seinen Gasthof mit entsprechenden Tapeten aus. Derzeit ist der bzw. sind die Künstler, die die Tapeten bemalten unbekannt. Während früher, bis auf das Sockelgeschoss, alle Etagen mit Leinwandtapete ausgestattet waren, sind heute immerhin noch 225 m² erhalten. Diese sind aber, bis auf eine Ausnahme, im Laufe der Zeit z.T. mehrfach übermalt und mit unterschiedlicher Anzahl von Papiertapeten überklebt worden. Aufgrund der durchgreifenden Gebäudesanierung wurden die Tapeten im Oktober 2007 in einer spektakulären Aktion aus dem Gebäude geborgen und vorübergehend in der „Schultheißbrauerei“ in Dessau gelagert.
Anfang des Jahres 2010 konnten in Wörlitz in Räumen der Forsthalle der Kulturstiftung DessauWörlitz ein Lager und eine Restauratoren-Werkstatt eingerichtet werden.
Mit den Arbeiten wurden die Restauratoren Antje Hake und Jürgen Hampp beauftragt. Das Konzept wurde anhand von Probeachsen ermittelt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die gleichen Methoden, die durch die Restauratoren bereits im Grassi Museum für Angewandte Kunst (Wandbespannung Römischer Saal) zum Einsatz kamen, anwendbar sind.
Den Schwerpunkt der gegenwärtigen Maßnahmen bilden die Konservierungsarbeiten (Oberflächenreinigung, Freilegung, Behandlung von Rissen, Löchern und Deformationen im Bildträger, Festigung der gelockerten Farbschichten, Kitten der Fehlstellen), da der Erhaltungszustand der einzelnen Teile sehr unterschiedlich ist.

 

Kleine Geschichten

Ein Gasthof, der 1 Taler 8 Groschen kostete
Zum 150jährigen Bestehen des Gasthauses zum Eichenkranz in Wörlitz – von Bernhard Heese, Dessau
(Quelle: Luginsland, heimatkundliche Beilage des Anhalter Anzeigers vom 27. Juni 1935, Ausschnitte)

„Der älteste Gasthof der Stadt Wörlitz, der Eichenkranz, kann im Jahre 1935 auf ein 150jähriges Bestehen zurückblicken. Er wurde vom Fürsten Franz im Jahre 1785 gebaut zu dem Zwecke, der Stadt Wörlitz nach Westen zu eine gute Schauseite und auch anspruchvolleren Fremden Gelegenheit zu Einkehr und Übernachtung zu geben. Noch heute bietet der Ort den gleichen Anblick, wie ihn der Fürst von Anfang an gewollt hat. In diesem Gesamtbilde ist der Eichenkranz ein Teilstück, das nie ausfallen darf, wenn Wörlitz das Wörlitz des Fürsten Franz bleiben soll. Seiner Neigung entsprechend, wählte der Fürst für den Gasthof die Formen einer von ihm selbst modifizierten Gotik. Das unter Denkmalschutz stehende Haus bietet noch heute eine gute Kulisse für das Neuzeitliche und Kleinstädtische, das durch die Linie Eichenkranz – Wall – Kirchplatz von dem Werke des Fürsten getrennt wird.

 
 
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